Fern ab vom Verkehr, mitten im Wald und dicht am See lag das Gebäude des ehemaligen jüdischen Erholungsheimes Lehnitz.
(Quelle historische Fotos: Jüdisches Museum Berlin, Sammlung Erwin Zimet und Schenkung von Ernst J. Mann, früher Ernst Glücksmann)
„Menschen wie Frieda-Glücksmann und ihren Helfern, ist es zu verdanken, dass der Name Lehnitz im dunkelsten Kapitel deutscher Geschichte als Zeichen für Humanismus und Solidarität steht.“
Fern ab vom Verkehr, mitten im Wald und dicht am See liegt das Gebäude des ehemaligen Erholungsheimes Lehnitz. An der heutigen Magnus-Hirschfeld-Straße 19 liegt das eindrucksvolle Gemäuer. Das damalige Landhaus für jüdische Erwachsene und Kinder hatte jedoch weitaus mehr Bedeutung als ein einfaches Heim zur Erholung. Es diente ebenfalls als Tagungszentrum, Kinderheim und Hauswirtschaftsschule für jüdische Mädchen. Vom Berliner Verband des jüdischen Frauenbundes wurde es ins Leben gerufen und finanziell unterstützt. Verschiedene Entspannungsmöglichkeiten, aber auch sportliche Betätigung wurden den Gästen des Heimes geboten. Zum Beispiel in Form von am Tage absolvierten Wanderungen und dem abendlichen musizieren. Nicht nur fern ab vom Verkehr sondern auch von jeglichen Belastungen, bot das Gebäude in Lehnitz einen Ort der Zuflucht. Dieser Platz fungierte als einer der wenigen Plätze an denen die sozial ausgestoßenen Gäste sie selbst sein konnten.
Ermöglicht wurde dies nicht nur durch die finanzielle Unterstützung des Bundes, sondern auch durch die Leitung der 1890 geborenen Frieda Glücksmann. Durch ihre kreativen Einfälle verlieh sie dem Haus eine Einzigartigkeit, die auch den Gästen ein heimisches Gefühl verlieh. Qualifiziert durch ihre Pädagogische Ausbildung und ihre Vorkenntnisse als Schulpflegerin und Jugendleiterin übernahm sie diese Rolle in jenen schweren Zeiten. Da sie selbst das Gefühl der Minderwertigkeit als Jüdin kannte, konnte sie die Lage der Kinder gut nachvollziehen.
Im Sommer 1935 inszenierten einige Nationalsozialisten eine terroristische Kampagne gegen das Erholungsheim. Damit sollte der Anfang vom Ende eingeläutet werden. Diese Taten steigerten sich über den Verlauf der Zeit, von vereinzelten Drohungen und Verboten bis zur Nacht des 9. zum 10. November 1938, auch bekannt als Pogromnacht. In dieser Nacht änderte sich die Lebensweise der Juden in ganz Deutschland grundlegend. Jüdische Geschäfte und Häuser wurden verwüstet und tausende Juden wurden verhaftet und in Konzentrationslager gebracht. Dies war wohl eine der gewaltsamsten Aufstände in dieser Zeitepoche.
Frieda Glücksmann erlebte den Verlust des Heimes nicht persönlich mit, beschrieb ihn jedoch in folgenden Worten:
„Ihr wisst, dass mein Herz an Lehnitz hängt, dass es mit Lehnitz vibriert, dass es mein eigenes Kind ist – dieses Lehnitz ist mir nun genommen, ohne dass meine Kraft, es zu lieben, erschöpft ist.“
Eine Zusammenfassung ihrer Biografie und eine Erinnerung an ihre Leistung wurde in Form eines Schildes des Frauenbundes auf dem zentralen Platz von Lehnitz, mittig der Friedrich-Wolf-Straße verewigt.